Identität (individuelle)

In der Psychologie beinhaltet das Bewusstsein der eigenen Identität, dass man sich – in Abgrenzung zu Anderen – als Individuum erlebt. Die Entwicklung von Identität ist ein lebenslang anhaltender Prozess der Definition und Neudefinition der eigenen Person und der Anderen. Dabei handelt es sich nicht um etwas Ungebrochenes, Kontinuierliches und in sich Stimmiges, sondern um etwas, das Menschen an den Schnittpunkten verschiedener Differenzlinien immer wieder neu konstruieren. Welche Differenzlinien für die individuelle Identität zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmend sind, hängt z. B. von der konkreten Situation, den aktuellen Lebensbedingungen und der gesellschaftlichen der Differenzlinien ab, die sie als soziale Platzanweiserinnen erlangen.  

Siehe auch Identität (kollektive)


Imperiale Lebensweise

Imperiale Lebensweise meint die Art und Weise, mit der der Alltag in westlichen Gesellschaften Menschen und Umwelt in Gesellschaften des globalen Südens unbewusst beeinflusst, mit der der Alltag in westlichen Gesellschaften Menschen und Umwelt in Gesellschaften des globalen Südens beeinflusst, ohne dass wir uns dessen bewusst sein müssen. Bei uns ganz In Deutschland alltäglicher Luxus wie Kaffee, Fleisch, elektronische Haushaltsgeräte oder Tourismus wird nur durch die Ausbeutung der Umwelt und anderer Menschen (etwa der Arbeiter*innen und Bäuer*innen des globalen Südens) möglich gemacht. Dass wir uns darüber sehr wenig Gedanken machen und die Ansprüche an ein gutes Leben als rechtmäßig und unproblematisch betrachten, obwohl wir theoretisch um die Kosten (für andere) wissen, ist ebenfalls Ausdruck der Imperialitätäunserer Lebensweise. Wenn uns die Konsequenzen erreichen, bspw. durch vermehrte Migrationsbewegungen, wollen wir sie nicht wahrhaben und aus unserem Blickfeld verbannen, um unsere Lebensweise nicht hinterfragen zu müssen.  

Siehe auch Postkolonialismus und globale Gerechtigkeit


Individueller Rassismus

Auf der individuellen Ebene umfasst Rassismus persönliche Haltungen, Einstellungen oder Handlungen. Individueller Rassismus reicht von offenen rassistischen Beleidigungen bis hin zu einem Alltagsrassismus, der sich sehr viel subtiler ausdrückt. In der Bundesrepublik Deutschland wird Rassismus häufig auf diese Ebene, ihre offenen und absichtsvollen Erscheinungsweisen verkürzt.  

Die Unterscheidung einer individuellen Ebene von Rassismus ist allerdings auch unscharf. Denn der Begriff bezieht sich einerseits auf die Ebene des Subjekts – also auf Prozesse der Verinnerlichung von Othering bzw. Rassifizierungen, Stereotypen und Dominanz –, andererseits auf die Ebene der direkten Interaktion (siehe interaktionaler Rassismus).  

Siehe auch Fremdenfeindlichkeit, Vorurteil und Xenophobie


Institutioneller Rassismus

Institutioneller Rassismus resultiert aus der Anwendung formeller und informeller „ungeschriebener“ Gesetze, Regeln, Vorschriften, Normen und Verfahren. In seiner direkten Form erlauben formelle und informelle Regeln eine gezielte Unterscheidung und Ungleichbehandlung von rassistisch diskreditierbaren Menschen gegenüber fraglos Dazugehörigen. In seiner indirekten Variante werden formelle und informelle Handlungsmuster und Regeln der Gleichbehandlung, die in den Mitgliedschaftsbedingungen einer Institution eingeschrieben sind, auf alle gleichermaßen angewandt, haben aber auf rassistisch diskreditierbare Menschen diskriminierende Auswirkungen. Rassismus ist hier also das Ergebnis einer Gleichbehandlung, die die unterschiedlichen Voraussetzungen von Personen nicht berücksichtigt. Das ist z. B. der Fall, wenn Schulen das Vermitteln der Bildungssprache Deutsch nicht als ihre Aufgabe, sondern Deutschkenntnisse als Voraussetzung betrachten, die Kinder schon mitbringen müssen. Formen von institutionellem Rassismus sind Seiteneffekt-Rassismus und past-in-present-Rassismus. Institutioneller Rassismus führt dazu, dass der Zugang zu Ressourcen, Partizipation und Anerkennung sowie ihre Möglichkeiten, ihre Potenziale auszuschöpfen, für einige Menschen trotz des Gleichheitsgrundsatzes eingeschränkt sind, während andere dabei privilegiert sind.


Interaktionaler Rassismus

Diese Ebene des Rassismus bezieht sich darauf, wie in alltäglichen Situationen symbolische Grenzen zwischen „uns und „den Anderen“ gezogen, Zugehörigkeiten verhandelt, Zuschreibungen und Stereotype genutzt und Ausschlüsse vollzogen werden (siehe auch Othering, Rassifizierung und Alltagsrassismus). In Interaktionen dient Rassismus häufig als symbolisches Kapital, auf das rassistisch nicht diskreditierbare Menschen zurückgreifen können, um eigene Interessen durchzusetzen (siehe Privilegien).


Interkulturelles Lernen

Interkulturelles Lernen oder interkulturelle Pädagogikämeint die Kompetenzerweiterung im „interkulturellen“ Feld, d. h. die Befähigung zum Umgang mit kulturell gedeuteter Heterogenität. Ähnlich wie die „interkulturelle Kompetenz“ wird auch das interkulturelle Lernen als ein Angebot der Fort- und Weiterbildung meistens auf ethnisch-kulturelle Aspekte beschränkt. Interkulturelles Lernen soll also den Umgang mit nationalen und/oder ethnisierten Differenzen erleichtern. Allzu häufig stehen dabei nach wie vor Informationen über „die Kultur“ der (vermeintlichen) Herkunftsländer von in der Bundesrepublik lebenden migrierten Menschen und ihrer Nachkommen im Vordergrund, wodurch ethnisierende Zuschreibungen über die jeweilige „Kultur” forciert werden. Kritik wird auch am technischen Verständnis von Kompetenz als zu erlernendem Rezeptwissen geübt, was der Ambiguität pädagogischer Situation und Handelns widerspricht. Nur ein interkulturelles Lernen, das auch Migrationsursachen, Diskriminierungserfahrungen migrierter Menschen, teilweise durch rassistische Strukturen geprägte Lebensrealitäten von Migrierten etc. fokussiert und auch die eigene gesellschaftliche Position der Lernenden nicht ausblendet, wird der Pluralität in der Migrationsgesellschaft gerecht.  

Siehe auch Ausländerpädagogik, Ethnizität, Kultur, Migration, Migrationspädagogik, Nation, Nationalismus und Rassismus  

Einen ausführlichen Artikel zum Thema inkl. weiterführender Literatur finden Sie im Konzeptpool unserer Vielfalt-Mediathek.


Intersektionalität

Der Begriff Intersektionalität beschreibt die Analyse der Interdependenz (gegenseitigen Bedingtheit) und des Zusammenwirkens verschiedener Kategorien von Differenzen mit Dimensionen sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung. Um ein umfassendes Verständnis von Diskriminierung zu erhalten, dürfen deren einzelne Formen (etwa Rassismus, Sexismus oder Heterosexismus) nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Ein homosexueller Muslim, der migriert ist und Wirtschaftswissenschaften studiert, könnte bspw. aufgrund seiner sexuellen Identität und/oder seiner Religion und/oder seiner „ethnischen“ Herkunft von Diskriminierung betroffen sein. Gleichzeitig stehen ihm aufgrund seiner Genderzugehörigkeit und seines Bildungshintergrundes verschiedene Ressourcen zur Verfügung, die ihn in diesen Aspekten privilegieren. Intersektionalität meint also nicht lediglich Mehrfachdiskriminierung, sondern die Tatsache, dass die Interdependenz von Differenzlinien und ihre gesellschaftlichen Folgen zu ganz spezifischen Formen der Diskriminierung führen.


Islamfeindlichkeit

Islamfeindlichkeit ist ein sozialpsychologisches Konzept, das als Dimension Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) betrachtet und auch synonym mit dem Begriff „Muslimfeindlichkeit“ verwendet wird. Im Rahmen des GMF-Konzepts diente es bis ins Jahr 2014 dazu, eine ablehnende Haltung und Verhaltensweise gegenüber als Muslim_innen markierten Menschen zu bezeichnen. Dabei werden diese als homogene Gruppe konstruiert, der negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Diese Negativbilder können sich in Aussagen, Handlungen oder einer medial einseitigen Darstellung widerspiegeln und dazu führen, dass Betroffene diskriminiert, beleidigt oder tätlich angegriffen werden. Wie das Konzept der „Fremdenfeindlichkeit” wird der Begriff der Islamfeindlichkeit aus rassismuskritischer Perspektive stark kritisiert, u. a. weil sich das Konzept ausschließlich auf der Einstellungsebene bewegt, unbewusste Diskriminierung und strukturelle Aspekte ausblendet und von einer grundsätzlichen gegebenen Differenz zwischen Muslm*innen und Nicht-Muslim*innen ausgeht, statt deren Herstellung zu analysieren. Daher wird stattdessen von antimuslimischem Rassismus gesprochen.


Islamophobie

Der vor einigen Jahren aus dem Englischen und Französischen ins Deutsche übertragene Begriff wird im Deutschen als Synonym für „Islamfeindlichkeit“ bzw. „Muslim_innenfeindlichkeit“ verwendet oder – in Anlehnung an den Begriff der Xenophobie – als gegen Muslim_innen oder den Islam gerichtete „Fremdenangst“ definiert. Er verweist vor allem auf tief sitzende Ängste, negative Einstellungen und emotional begründete Abwehr und Feindseligkeit. Wie andere Begriffe auch wird er aus rassismuskritischer Perspektive stark kritisiert.  

Siehe auch antimuslimischer Rassismus und Fremdenfeindlichkeit