Passing

Passing bedeutet, anders wahrgenommen zu werden als die eigene Selbstpositionierung ist. So können unterschiedliche, von Differenzlinien wie Religion, Sexualität und Gender oder Herkunft absolut unsichtbar bleiben. Auch Schwarze Menschen oder People of Color können als weiß wahrgenommen werden, etwa weil sie blond sind. In einer Gesellschaft, die stark anhand visueller Merkmale kategorisiert (bspw. in Schwarz und weiß einteilt), führt es zu Verunsicherung, wenn Menschen nicht eindeutig einordenbar sind. Menschen, die „passieren“ oder sich entscheiden zu passieren, sind nicht zwangsläufig geschützt vor Diskriminierung und Rassismus, auch wenn bestimmte Situationen individuell vielleicht vermieden werde können. Sie entsprechen nicht dem vorherrschenden Bedürfnis nach einer eindeutigen Einteilung und Hierarchisierung und sind deswegen (zusätzlich) anderen Arten von Zuschreibung und Exklusion ausgesetzt, etwa wenn sie darauf hingewiesen werden, dass sie ja weder „richtig schwarz“ noch „richtig weiß“ seien. So findet letztendlich ein doppeltes Othering statt; das Gegenüber möchte bestimmen, wie sich die Person identifiziert.  

Siehe auch Schwarz und Selbstzuschreibung


past-in-present-Rassismus

Wenn rassistische Diskriminierungen in der Vergangenheit diskriminierende Wirkungen in der Gegenwart entfalten, dann kann von past-in-present-Rassismus gesprochen werden. Dies kann einerseits der Fall sein, wenn Normen der Gleichbehandlung systematisch die Effekte vergangener rassistischer Diskriminierungen aufrechterhalten; andererseits, wenn rassistisch diskreditierbare Menschen zwar über die erforderlichen Fähigkeiten und Qualifikationen verfügen, aber nicht die institutionell inkorporierten Merkmale derjenigen erfüllen, die in der Vergangenheit immer routinemäßig die Positionen in der Organisation ausgefüllt haben. Dies träfe z. B. zu, wenn ein Schwarzer Rezeptionist in einem Hotel mit der Begründung entlassen oder versetzt wird, dass sein Anblick für die Gäste zu ungewohnt sei.  

Siehe institutioneller Rassismus und gesellschaftlich-kultureller Rassismus


Patriarchat

Als Patriarchat werden diejenigen Formen des Zusammenlebens bezeichnet, in denen Männer* über Frauen* strukturell mehr Macht ausüben können als umgekehrt. Matriarchat bezeichnet solche Gesellschaftssysteme, in denen es umgekehrt ist. Dabei geht es nicht unbedingt darum, dass alle Männer* alle Frauen* beherrschen oder dass Frauen* nicht auch machtvolle Positionen innerhalb einer Gesellschaft erreichen können, sondern vielmehr um strukturelle Dominanzverhältnisse. Das ist bspw. der Fall, wenn die Reproduktions- und Carearbeit in kapitalistischen Wirtschaftssystemen mehrheitlich unentlohnt von Frauen* gemacht wird, während die Lohnarbeit vor allem von Männern* getragen wird und Frauen* so die einflussreichen Positionen in Staat und Wirtschaft strukturell schwerer erreichen können.  

Siehe auch Antifeminismus, Dominanzgesellschaft, Feminismus und Sexismus


People of Color

People of Color dient als analytischer und politischer Begriff, der sich an all diejenigen Menschen und Communities wendet, die in kolonialer Tradition als „Andere“ rassifiziert und unterdrückt wurden bzw. werden. Der Begriff zielt darauf ab, die dem Rassismus innewohnende Strategie des Teilens und Herrschens zu unterlaufen. Denn mit Hilfe dieser Strategie spielt die weiße Dominanzgesellschaft rassifizierte Gruppen gegeneinander aus, indem sie sie hierarchisiert und ihnen unterschiedliche Privilegien gewährt. Dies schwächt ihre wechselseitige Solidarität und erhält Rassismus weiterhin aufrecht. Dagegen versuchen rassistisch diskreditierbare Menschen mit dem Begriff People of Color, sich einerseits die ihnen verweigerte gesellschaftliche Definitionsmacht wieder anzueignen, andererseits die Vielfältigkeit der Rassismuserfahrungen von People of Color zu verdeutlichen und dadurch schließlich solidarische Bündnisse über die Grenzen marginalisierter Communitys hinweg zu ermöglichen.  

Siehe auch Kolonialismus und Schwarz


Postkolonialismus

Der Begriff besagt, dass es bis heute Nachwirkungen und Kontinuitätslinien des Kolonialismus gibt. Das zeigt sich zum einen an den politischen (Kriege aufgrund willkürlicher Grenzziehungen, von westlichen Mächten eingesetzte Machthaber) und wirtschaftlichen (Ausbeutung, ungerechte Handelsverträge) Verhältnissen, die bis heute postkoloniale Herrschaftsansprüche durchsetzen. Zum anderen wird es auch durch die eurozentrischen und westlich orientierten Perspektiven deutlich, die in Wissenschaft, Kunst und Kultur vorherrschen. Menschen des globalen Südens kommen nicht oder nur selten zu Wort, ihre Erfahrungen und Wissensbestände werden marginalisiert. Die Aufgabe der postkolonialen Theorien besteht also darin, Fortschreibungen kolonialer Politik, etwa im Wirtschaftssystem, aufzudecken, sowie einen multiperspektivischen, nicht nur weißen und westlichen Zugang zu Geschichte, Wissenschaft und Kultur aufzuzeigen.  

Siehe auch Critical Whiteness, Hybridität und imperiale Lebensweise


Privilegien

Privilegien werden die Vorteile und (der Zugang zu den) Ressourcen genannt, die Menschen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Positionierung besitzen. Es gibt offensichtliche Privilegien, bspw. ist das Wahlrecht auf Bundes- und Landesebene in Deutschland ein Privileg von Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Auch mit dem sozioökonomischen Status gehen viele Privilegien einher, da es in fast allen Lebensbereichen wichtig ist, genügend Geld zur Verfügung zu haben. Doch Menschen können auch weniger offensichtliche Privilegien haben, die nicht mehr auffallen, da sie selbstverständlich geworden sind. Eines davon ist, im Alltag als „normal“ wahrgenommen zu werden (etwa als weiß, deutsch, eindeutig männlich/weiblich oder gesund) und so bei der Job- oder Wohnungssuche, in der Schule oder in der U-Bahn nicht mit stereotypen Zuschreibungen, verwehrten Zugängen oder diskriminierendem Verhalten rechnen zu müssen. Zu Privilegien gehört also auch sich gar nicht erst mit Diskriminierung und der damit einhergehenden Ungerechtigkeit beschäftigen zu müssen.  

Siehe auch Critical Whiteness und Powersharing